Kapitel 5 - Zeitalter des Wandels: Unterschied zwischen den Versionen
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In der gesamten Stadt [[Faringard]] brach blanke Panik aus: Der schwarze Tod hatte die Hauptstadt des einst so stolzen Königreiches in ihrem Klammergriff. Man riegelte die Stadt ab, ließ niemanden hinaus. Viertel für Viertel wurde versperrt, die Bewohner fast sich selbst überlassen, da es kaum genug Heiler in der Stadt gab. Gleichzeitig kamen dennoch immer weitere Flüchtlinge an, die nun zwischen den Wehranlagen der Vorstadt in ärmlichen Zeltfetzen untergebracht werden mussten. Wer sich traute, der durfte noch das Elendsviertel betreten, aber nicht mehr dort hinaus. | In der gesamten Stadt [[Faringard]] brach blanke Panik aus: Der schwarze Tod hatte die Hauptstadt des einst so stolzen Königreiches in ihrem Klammergriff. Man riegelte die Stadt ab, ließ niemanden hinaus. Viertel für Viertel wurde versperrt, die Bewohner fast sich selbst überlassen, da es kaum genug Heiler in der Stadt gab. Gleichzeitig kamen dennoch immer weitere Flüchtlinge an, die nun zwischen den Wehranlagen der Vorstadt in ärmlichen Zeltfetzen untergebracht werden mussten. Wer sich traute, der durfte noch das Elendsviertel betreten, aber nicht mehr dort hinaus. | ||
− | Die Schwesternschaft des [[Merrldyn]] sandte einige wenige der hinterbliebenen Schwestern in eben jenes Viertel aus, um der Ursache der Pest auf den Grund zu gehen. Wegen der hygienischen und humanitären Zustände im Elendsviertel war es einerseits schwer herauszufinden, was genau die Pest ausgelöst hatte; andererseits war es eben wegen | + | Die Schwesternschaft des [[Merrldyn]] sandte einige wenige der hinterbliebenen Schwestern in eben jenes Viertel aus, um der Ursache der Pest auf den Grund zu gehen. Wegen der hygienischen und humanitären Zustände im Elendsviertel war es einerseits schwer herauszufinden, was genau die Pest ausgelöst hatte; andererseits war es eben wegen jener Mängel an Normalität kaum verwunderlich, dass die schwere Epidemie genau hier ihren Ursprung hatte. So taten die Schwestern ihr Bestes, um das Leid zu lindern und für einen halbwegs normalen Alltag im Viertel zu sorgen. |
In den oberen Vierteln der Stadt wurde kontrolliert gegen die Krankheit vorgegangen. Wurde sie früh genug erkannt, konnte sie mit medizinischer und etwas göttlicher Hilfe sogar geheilt werden. Um weiteren Ausbrüchen vorzubeugen, wurden die oberen Viertel allerdings für Neuankömmlinge sowie Bewohner des Elendsviertels gesperrt, bis auch der letzte Pestkranke entweder geheilt oder aber dahingeschieden war. | In den oberen Vierteln der Stadt wurde kontrolliert gegen die Krankheit vorgegangen. Wurde sie früh genug erkannt, konnte sie mit medizinischer und etwas göttlicher Hilfe sogar geheilt werden. Um weiteren Ausbrüchen vorzubeugen, wurden die oberen Viertel allerdings für Neuankömmlinge sowie Bewohner des Elendsviertels gesperrt, bis auch der letzte Pestkranke entweder geheilt oder aber dahingeschieden war. |
Version vom 25. September 2020, 10:38 Uhr
Gemeinsam stark - Jahr 7000
Am Neujahrstage des Jahres 7000 schließen sich die Königreiche der Menschen und der Zwerge zu einem Bund zusammen: Dem Königreich Millenia. Dies geschieht, um gemeinsam dem Angriff der Orks stand zu halten. Nur wenige Jahre später geben die Orks den Angriff auf die Reiche des Nordens auf und es herrscht für tausend Jahre und mehr Frieden mit den meisten Klans. Diese Geschichte befindet sich in Arbeit!
Das neue Heim - Jahr 7003
Die Schwesternschaft wird vom neuen König legitimiert und der Grundstein des neuen Klosters wird demonstrativ nahe an der Burg des Königs gelegt. Diese Geschichte befindet sich in Arbeit!
Die Mission - Jahr 7019
Logbuch von Gerius Renald, Geschwaderoffizier der königlichen Flotte - oder dem, was davon noch übrig ist...
Teil 1 - Der Rückzug
Wir haben sie verloren! Mein letztes treues Schiff, die Vesper III, wurde beim Versuch die Falkenbrucher Brücke zu halten versenkt. Das Wüstenpack war, wie zuletzt immer, in der Überzahl und konnte die Brücke einnehmen. Auch unser letztes Mittel, nämlich die Brücke in Brand zu setzen und damit den Vormarsch zu stoppen, wurde im Keim erstickt, als die Templer ihre Elementarmagie zur Schau stellten und das Feuer auf unser Schiff reflektierten. Ich und ein paar Besatzungsmitglieder, darunter auch mein treuer Freund Paderick, konnten uns gerade so aus dem brennenden Wrack unseres sinkenden Schiffes retten und an Land schwimmen.
Als die Waldberger Garde, völlig frei von jeglichem Pflichtgefühl, anschließend zum Rückzug ansetzte und es nicht einmal in Betracht zog, uns aus dem Wasser zu ziehen, stießen die Sandkrieger einen Jubelschrei aus und fingen sofort an, die Brücke mit Barrikaden zu befestigen. Wir nahmen mit was wir von unserer übriggebliebenen Ausrüstung noch als Strandgut aus den felsigen Klippen ziehen konnten und machten uns auf nach Waldbergen, um den Rückzug der dort heimischen Garde zu sichern, auch wenn diese es nicht verdient hatte. Dennoch war Waldbergen die nächstgelegene Siedlung des Königreichs und ein strategisch wichtiger Punkt im Krieg gegen das Reich der Wüste. Hier mussten die Sandkrieger als nächstes zuschlagen, wenn sie tiefer in unsere Heimat vordringen wollten.
Drei Tage nach der verlorenen und verlustreichen Schlacht an der Falkenbrucher Brücke, passierten wir die Waldberger Baute gleichen Sinns. Normalerweise war der Weg innerhalb weniger Stunden zu schaffen, doch mussten wir uns unterwegs immer wieder um unsere Verletzten kümmern; und leider auch einige derer beerdigen, welche den Weg, wegen ihrer schweren Blessuren, nicht mehr schafften. Wir zählten ein versenktes Kriegsschiff, zuzüglich drei Beibooten, eine zerstörte Balliste, 147 Tote, 35 Verletzte. Zudem mussten wir auf unserem Rückzugsmarsch vier Holzfäller evakuieren, welche ihre Hütte ziemlich abgeschieden in den Hügeln von Waldbergen-West bezogen hatten. Einer von ihnen verweigerte den Abmarsch, so dass wir ihn gewaltsam zu seinem Glück zwingen mussten. Als er in Waldbergen aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte und von seiner dort lebenden kleinen Enkelin freudestrahlend in Empfang genommen wurde, hatte er ein Einsehen und bedankte sich mürrisch bei Paderick, welcher ihn den halben Weg allein schulterte, weil wir so hoffnungslos überladen waren.
Es stellte sich heraus, dass der Hauptmann der Waldberger Garde bei der Schlacht an der Falkenbrucher Brücke ums Leben kam, sodass ich als ranghöchster aller anwesenden Offiziere das Kommando über die Garde übernehmen musste. Mein erster Befehl an die wenigen Gardisten, welche sich noch auf den Beinen halten konnten, war, die Brücke Waldbergens zu befestigen; und machte auf Fehler aufmerksam, welche bei der gleichen Tätigkeit auf der Falkenbrucher Brücke begangen worden waren. Außerdem verfasste ich ein Schreiben an den Erzbischof Mendoza in Faringard, um kirchlichen Beistand zu erbitten.
Es dauerte nur zwei Tage und eine Gruppe junger Kleriker erschien in Waldbergen. Bei ihnen war Gerolt von Greifenstein, Graf und Gardehauptmann von Falkenbruch, welcher den Ernst der Lage beim Angriff des Wüstenreiches als erster erkannte und die gesamte Provinz in Richtung Faringard evakuieren ließ, noch bevor die Sandkrieger zuschlagen und jemandem ernsthaft verletzen konnten. Nun packte ihn die Ehre, die Provinz Waldbergen zu schützen und vielleicht seine Heimat Falkenbruch zurückerobern zu können.
Die Zeit bis zum Eintreffen der Kleriker und der restlichen Garde Falkenbruchs nutzten wir, um unsere Kräfte neu zu sammeln und den Bewohnern Waldbergens ein kleines Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. Als alles weitere geklärt und die Brücke augenscheinlich gut befestigt war, übergab ich mein Amt über die Garde Waldbergens an Gerolt und wir marschierten weiter Richtung Vesper.
Die Schlacht an der Falkenbrucher Brücke war nun fast zwei Wochen her. Bislang war uns nicht zu Ohren gekommen, dass jemand aus dem Wüstenreich selbige überschritten hatte um auch Waldbergen anzugreifen. So packten wir neuen Mut für die letzten Meilen bis zur Königsburg in der Fischerstadt Vesper, um dort Bericht zu erstatten und die aktuelle Lage zu reflektieren.
Der König nahm mich persönlich in Empfang, als er hörte, dass ich mich mit dem kläglichen Rest meiner Mannschaft der Vesperbrücke näherte. Der Herold schickte meine Mannschaft in die Quartiere der Königsgarde, um sich von den Kampf- und Reisestrapazen zu erholen. Ich wurde alsbald in den Beratungsraum zum Königsgespräch berufen.
Der König schien nervös und fahrig. Immer wieder sprach er leise mit sich selbst und bezog mich nur selten in seinen Monolog ein. Die königliche Flotte wurde nach dem Verlust der Vesper III als nicht mehr existent bezeichnet und aufgelöst. Es gab kein Kriegsschiff mehr, welches sich dem Wüstenreich im Ernstfall entgegen stellen konnte. Glück nur, dass das Wüstenreich, eigentlich eine Seefahrernation, ihre Schiffe aus unerfindlichen Gründen nicht einsetzte. So verloren wir zwar unseren taktischen Vorteil der Überlegenheit zur See, hatten aber selbige nicht vom Wüstenreich zu erwarten.
Mein Führungsverhalten in der Sache während und nach der Schlacht wurde gelobt und so wurde ich mit einer geheimen Mission beauftragt, welche ihren Ursprung in einer als nicht besonders kriegerisch geltenden Institution hatte. Erzbischof Mendoza war von meinem Hilferuf an die kirchlichen Kleriker für Waldbergen so erstaunt und angetan, dass er sich einen Konterangriff auf den Wüstenstaat und dessen Hauptstadt Caladin einfallen ließ, an dem auch eine größere Gruppe Kirchenangehöriger unter meiner taktischer Leitung beteiligt sein sollte.
Es war Erzbischof Mendoza aufgefallen, dass immer, wenn die Sandkrieger eine Brücke eingenommen hatten, die die Grafschaften voneinander trennten, deren Vormarsch sich um eine ganze Weile, meist mehrere Wochen, hinauszögerte. Der Wüstenstaat besaß eine Armee, welche der könglichen zahlenmäßig weit überlegen war und der Angriff auf Buckeln, mit welchem der Krieg begann, kam sehr überraschend, da er aus dem Orkgebiet erfolgte. Eigentlich müsste das Wüstenreich in der Lage sein, sich schneller zu sammeln und direkt weiter vorzudringen. Also hatten sie scheinbar stets in den neu eroberten Gebieten einen übermäßig langen Halt eingelegt. Vielleicht suchten sie etwas oder die Kommunikation zur Heimat dauerte zu lang; vielleicht hatten sie gar mit hinterrücks angreifenden Orktruppen zu tun. Jedenfalls musste die Angriffspause, die vermutlich wieder bevorstand, genutzt werden, um einen Gegenschlag zu planen, mit dem der Hohepriester von Caladin nicht rechnen konnte.
Teil 2 - Die Reise
Es gab noch genau zwei Schiffe im ganzen Königreich: Ein ausgemustertes Handelsboot, welches nicht mehr in bestem Zustand war und ein größeres Fischerboot, welches erst vor kurzem fertiggestellt wurde. Da das Handelsboot einer größeren Truppe Platz bot, entschieden wir uns für dieses. Ich stellte meine Mannschaft hauptsächlich aus den erfahrenen Seebären und Säbelrasslern meiner alten Einheit zusammen, musste aber einige Gardisten des Königs in selbige aufnehmen. Zudem sollten uns in der Zahl acht Schwestern aus dem hiesigen, Merrldyn geweihten, Kloster begleiten. Sie sollten für göttlichen Beistand sorgen, die geistige Moral meiner Männer heben und hatten den Auftrag nach Ankunft im Wüstenreich die dortige Bevölkerung auf den Pfad des Lichts zuführen. Eine altbackene Kirchenmission dachte ich, doch es sollte sowieso alles anders kommen als geplant...
Unter den Schwestern des Klosters war auch Cassandra Rieves, die Leiterin dieser Institution. Im ganzen Land waren die Heilkünste und kraftspendenden Gebete der Schwestern bekannt. Man konnte sich durchaus glücklich schätzen, wenn man während einer Reise auf eine der stets hilfsbereiten Schwestern traf. Nun sollten uns gleich acht dieser Damen begleiten. Einige Söldner kamen sicher auf dumme Gedanken, doch würden meine Männer und ich jegliche Andeutung eines Übergriffs im Keim ersticken.
Wir wurden für einige Tage im Gasthaus von Faringard einquartiert. Die Hauptstadt lag nur eine Stunde Fußmarsch von Vesper entfernt. Wir sollten, während die Seeleute von Vesper unser „Handelsschiff“ auf Vordermann brachten, in Faringard nach Freiwilligen und Söldnern Ausschau halten, welche sich unserer Sache anschließen wollten. Zudem sollten wir ein paar fähige Schmiede mitnehmen um uns auch vor Ort mit neuem Material ausstatten zu können.
Es fanden sich einige Krieger, sogar die ein oder andere Kriegerin und auch eine handvoll Waffenschmiede, welche unsere Sache unterstützen konnten. Als wir nach zwei Tagen der Organisation nach Vesper zurückkehrten, zählten wir eine Mannschaft von insgesamt 50 Leuten.
Die Söldner bekamen einen Teil ihres Goldes bei unserer gemeinsamen Abreise vom Hafen in Vesper ausbezahlt. Drei große Truhen voll Taler gingen so mit auf die Reise um als Sicherheit für die Söldner zu dienen. Der Sold der Gardisten und Seeleute meiner Mannschaft dagegen ging an deren Familien und Angehörige, welche während deren Abwesenheit einen größeren Nutzen davon hatten. Die Schwestern verzichteten auf jegliche Entlohnung, sprachen von den wertvollen Erfahrungen, die sie auf der Reise machen würden und bezeichneten dies als Lohn genug...
Am frühen Morgen des ersten Wassertags im Heumond stachen wir in See. Der Wassertag gilt als gutes Omen und perfekter Zeitpunkt für den Beginn einer Seereise. Gut erholt, ordentlich ausgerüstet und mit Merrldyns gutem Willen segelten wir Südwärts Richtung Caladin. Unser Zielhafen war Annabelle, eine sehr schöne, kleine Küstenstadt ganz im Norden des Wüstenreichs. Annabelle ist der einzige Ort südlich des Königreichs an dem man nicht den Göttern des Feuers huldigt, sondern dem Herrn des Lichts, Merrldyn, so wie auch wir es tun. Zwar gehört die Stadt zum Reich des Hohepriesters, doch hat die Kirche des Merrldyn dort sehr treue Anhänger, die unsere Sache unterstützen sollten. Nicht zuletzt aus diesem Grund begleiteten uns auch die Kirchengesandten der Schwesternschaft des Merrldyn auf unserer vierwöchigen Reise über die Mittelsee.
Schon nach einer Woche hatten die Söldner unseren gesamten Alkoholvorrat verbraucht, welcher eigentlich für eine halbe Weltreise gereicht hätte. Ihre Laune wurde schlechter und sie wurden fauler und ruppiger. Immer wieder gerieten sie mit einigen meiner Leute aneinander. Dennoch waren wir Gardisten in der Überzahl und kampferfahrener, so dass ich mir keine Sorgen wegen Meuterei machte. Zudem ließ ich sie gemeinsam mit meinen Leuten den Dienst versehen, so dass sie sich nicht beraten konnten, während wir schliefen oder sie die Wache übernahmen. Außerdem hatte ich einen Spitzel bei den Söldnern, welcher vorher bereits 20 Jahre in der Garde Faringards gedient hatte und sich mit Banditen und sonstigem Gesinde gut auskannte. Zudem waren einige der Söldner auch durchaus ehrenhaft und loyal gegenüber der Krone. Für eine sichere Reise war vorerst gesorgt.
Nach einer weiteren Woche, die Hälfte des Wegs war nun geschafft, erreichten wir die Insel der Helden. Dies war der Ort, an dem die früheren Könige die besonders tapferen und loyalen Krieger zum Ritter schlugen. Schade, dass das Rittertum mittlerweile abgeschafft wurde, wo doch mein Vater einer der letzten dieser edlen Gattung war. So war es mir nicht mehr möglich in dessen Fußstapfen zu treten. Doch die See reizte mich seit meiner Kindheit und so konnte ich meinen Traum, dem Königreich bestmöglich zu dienen, bei den Seeleuten der Armee des Königs verwirklichen.
Wir machten auf der Insel halt, um neues Trinkwasser aufzuladen. Die Insel war klein, bestand aus einem kleinen Merrldyn-Schrein, wenigen Hütten, und einer Anhöhe, welche eine verhältnismäßig große Wasserquelle für eine solch kleine Insel beheimatete. Die Bewohner waren uns wohlgesonnen, wenngleich sie kaum etwas von uns und unserer Mission wussten. Über unsere Ankunft waren sie per Brieftaube informiert worden; und so standen schon einige Fässer mit dem Heldenwasser, wie das Wasser von dieser Insel genannt wurde, bereit, um auf das Schiff aufgeladen zu werden. Leider nicht genug, so dass wir noch einen Tag Halt machen mussten, bis die nötige Menge geladen war. Die Schwestern des Klosters verbrachten die Zeit lieber im Gebet, als uns beim Beladen des Schiffes zur Hand zu gehen.
Am nächsten Tag machten wir uns, einigermaßen gut erholt, für die zweite Hälfte unserer Reise bereit. Etwa 10 Tage sollte der Weg bis Annabelle bei gutem Wind dauern. Die Stadt galt als Handelshafen; hier konnte jedes Schiff, egal welcher Flagge, einlaufen und Waren ab- sowie aufladen. Die Stadt in Richtung Wüste zu verlassen war hingegen nur den im Feuer geweihten erlaubt. Doch es gab, wie bereits erwähnt, einige Anhänger des Lichts, welche uns durch die Stadtmauer schleusen konnten, sobald wir sie über unsere Mission informieren würden.
Bisher war unsere Reise glücklich verlaufen; doch in der dritten Nacht auf See gab es ein starkes Unwetter. Der Vordermast, welcher vor unserer Abreise getauscht worden war, brach entzwei. Die Seile konnten nicht rechtzeitig gekappt werden; so ging einer der Söldner über Bord und konnte nicht mehr gerettet werden. Wir verloren auch drei Wasserfässer, welche kippten und nicht gut genug verschlossen waren. Außerdem war viel Proviant triefend nass geworden, als unser Warendeck durch den Regen geflutet wurde. Das verlorene Proviant übertraf den Anteil des über Bord gegangenen Söldners bei weitem, sodass wir den Rest der Fracht rationieren mussten.
Die restlichen Söldner glaubten bei ihrem über Bord gegangenen Mann kaum an einen Unfall und die Stimmung verschlechterte sich. Einzig die Tatsache, dass unsere Reise nun nicht mal mehr eine Woche dauern sollte, sorgte dafür, dass die Ruhe an Bord erhalten blieb. Dennoch beschloss ein Teil der Söldner, sich von der Mission loszusagen, sobald wir Annabelle erreichen sollten. Damit würden sie den Anspruch auf den größten Teil ihres Goldes verlieren, aber sie hätten dennoch gut verdient und würden baldmöglich zurückreisen oder sich in der Küstenstadt nützlich machen.
Nach einem weiteren Tag auf See berichtete einer meiner Männer, er hätte einen länglichen Schatten im Wasser gesehen, welcher das Schiff eine Zeit verfolgt hätte. Ich fragte, warum er mir nicht früher davon berichtet hätte, doch er sagte, er sei seekrank geworden und hatte Angst sich dies bloß einzubilden. Am Abend des selbigen Tages taten sich an Bord gleich mehrere merkwürdige Dinge zu. Der Schatten wurde mehrere Male auf verschiedenen Seiten des Schiffes gesichtet, doch es konnte niemand genaueres dazu sagen. Einzig sei er fast genau so breit wie das Schiff gewesen und scheinbar ein ganzes Stück länger als dieses. Kurz nach Sonnenuntergang schien es, als würde sich das Schiff vom Wasser abheben und es gab ein lautes, knarzendes Geräusch, als wenn sich alte Marode Holzbalken aneinanderpressen und reiben würden. Unter der Mannschaft brachen Furcht und Nervosität aus. Einige vergaßen ihre Pflichten und verbarrikadierten sich in ihren Kajüten. Bis zum nächsten Morgen sollte jedoch nichts weiter schlimmes passieren.
Als die Sonne aufging und es den Wachwechsel gab, trauten wir unseren Augen nicht. Das Deck war blutverschmiert. Von der Nachtwache, zwei der Sölder und zwei meiner Leute sowie vom Steuermann, gab es keine Spur. Es hatte in der Nacht niemand bewusst ein Geräusch wahrgenommen. Doch an der Reling gab es furchteinflößende Überreste eines scheinbar kurzen Kampfes. Ein abgetrennter Unterschenkel, offensichtlich der des Steuermannes, lag, fast über Bord gerutscht, neben der auf drei Metern völlig zerstörten Reling. Überall war Blut und in den Holzresten der Reling selbst steckte etwas, was uns einen kalten Schauer über den Rücken jagte: Ein ellenlanger Reißzahn einer uns unbekannten Kreatur. Als wir begriffen, was uns da über Nacht angegriffen hatte, war es bereits zu spät. Wir standen mit versammelter Mannschaft, immerhin noch 44 Personen, vor dem blutigen Schauplatz, als sich vor uns im Wasser eine riesige Fontäne auftat.
Das Ungetüm erhob sich direkt vor unseren erstarrten Blicken und stieß einen fürchterlichen Schrei aus, welcher direkt aus Nargas Hölle zu kommen schien. Das Mark meiner Männer gefror. Faszinierend und bedrohlich zugleich war der Anblick der schlangenartigen Kreatur. Als sie ihren Blick senkte und ihr Maul aufriss, gab mein Kumpan Paderick einen Weckruf von sich und riss mich und zwei der Söldner reflexartig zu Boden. Der mannsgroße Kopf der Kreatur schlug mit einer schnappenden Bewegung auf das harte Deck, wo wir so eben noch wie angewurzelt standen. Erst jetzt erkannten wir den Ernst der Lage und griffen zu unseren Waffen, sofern wir denn welche an unserem Gürtel hatten. Die meisten waren unbewaffnet und flohen auf die unteren Decks, entweder um ihre Waffe zu ergreifen, oder um die ängstliche Haltung wieder einzunehmen, welche seit der Sichtung des nun angreifenden Schattens vorherrschte.
An Deck entbrannte ein fürchterlicher Kampf wie ihn die wenigsten der Mannschaft in ihrem Leben je führen sollten. Ein Söldner wurde erwischt und mit einem Biss verlor er einen Arm. Zwei der Schwestern stürzten sich auf ihn und zogen ihn unter Deck, um seine Wunde zu versorgen. Einer der beiden Schwestern wurde von der Kreatur im Nachfassen ein Umhang entrissen, welcher sich im Maul der Kreatur scheinbar an ihren Zähnen verfing. Es gelang einem der Schmiede, der Kreatur einen ordentlichen Schwerthieb an den langen Hals zu versetzen, wovon das Monster sich allerdings kaum beeindrucken ließ. Ich sprang zum Steuerrad und legte meine Armbrust an, welche ich immer bei mir führte. Ein Bolzen prallte an der schuppigen Haut ab, ein anderer streifte die Nüstern der Kreatur und fügte ihr eine blutige Wunde zu. Meine Männer und die Söldner, welche an der Reling mit dem Ungetüm kämpften, hatten mehr damit zu tun dem Schnappen des Monsters auszuweichen und ihre zu Boden fallenden Waffen einzusammeln, als dass sie ihm wirklichen Schaden zufügen konnten.
Cassandra Rieves, die Leiterin des Klosters, sammelte ihre Kräfte, indem sie auf gespenstische Art und Weise in völliger Stille meditierte, was aufgrund des Getümmels um sie herum sehr skurril wirkte. Doch mit einem Fingerschnippen beendete sie diese Tatsache und warf der Seeschlange einen mächtigen und Funken sprühenden Feuerball entgegen, welcher die Kreatur voll erwischte und nach hinten schwingen ließ. Die Schlange stieß einen Schrei aus, welcher ihre Schmerzen mehr als deutlich machte. Die Luft roch nach verbranntem Fisch, die Schlange tauchte fliehend ins Wasser ab und verschwand immer tiefer im Meer.
Ich wies einen der Söldner an das Steuer zu übernehmen, um die weitere Fahrt Richtung Süden zu gewährleisten. Gleichzeitig beorderte ich zwei meiner Männer damit, ihn mit dem Leben zu schützen. Wenn der Kurs stimmte und der Wind so stark blieb hatten wir die Chance, Annabelle am nächsten Morgen zu erreichen. Nicht einmal der fehlende Vordermast würde unsere Ankunft noch verhindern können.
Eine Stunde lang hatten wir Ruhe, doch dann tat sich etwas auf, was die bisherigen Schrecken des Tages bei weitem übertreffen sollte. Der Schatten kehrte am Heck des Schiffes zurück und überholte uns rasend schnell. Als der Schatten vorbeigezogen war, riefen die Männer, welche den Steuermann schützen sollten, dass sich noch zwei weitere Schatten an den Flanken des Schiffes breit machten. Einer davon sei noch wesentlich größer gewesen als der bisher bekannte. Der andere war scheinbar etwas kleiner, dafür allerdings ein Stück breiter. Als sich die Monster dreiecksförmig um das Schiff herum erhoben und nicht eine Sekunde mit ihrem Angriff zögerten, stemmten wir ihnen unsere Schwerter und Speere entgegen, aber es brachte nichts. Der scheinbar dickere Schatten brachte ein unfassbar hässliches und mit riesen Fangarmen bestücktes Monster zum Vorschein, welches in keiner mir bekannten, jemals verfassten Geschichte Erwähnung fand. Es stürzte sich mit all seinem Gewicht auf die Bordmitte, ohne Rücksicht, dass es sich an Bord in einem der Netze und Seile verfangen konnte, um somit ein leichtes Opfer für unsere Speere zu werden. Doch der Aufprall brachte etwas mit sich, mit dem niemand hätte rechnen können. Das Schiff wurde zerfetzt. Die Arme des Ungetüms schnellten hervor und bohrten sich durch das Deck in den Bug. Mit einer reißenden Armbewegung wurde das Schiff an Ort und Stelle in zwei Hälften gerissen. Ich wurde umhergeschleudert und flog bis zum abgerissenen Vordermast, wo ich mich an dem kläglichen Rest des Holzstammes festhalten und die Szenerie betrachten konnte. Einige aus der Mannschaft kämpften noch verbittert am Heck des Schiffes gegen die andere Kreatur, welche den eher geradlinigen Kampf beabsichtigte. Die uns bereits bekannte Kreatur schwamm um die vordere Hälfte des Schiffes herum und versuchte, die umherschwimmenden Schiffsbrüchigen zu verschlingen, welche sich noch im Wasser dagegen zu wehren versuchten.
Als sich die Spitze des Schiffes endgültig ins Wasser absenkte und die Hälfte des Schiffes, auf der ich mich noch immer an den vom Unwetter zerstörten Vordermast festklammerte, zu sinken begann, rollte von der ehemaligen Schiffsmitte ein dickes Fass Heldenwasser direkt auf mich zu. Das war bis dato das letzte, an das ich mich erinnern konnte...
Teil 3 - Hauptsache überlebt!
Ich öffnete meine Augen und musste husten. Meine Lungen waren voll mit Meereswasser. Ich spuckte es in den rotbraunen Sand. Dann würgte ich und spuckte erneut eine Menge Wasser in den selbigen. Mir wurde schwarz vor Augen.
Als ich erneut erwachte, war es scheinbar Nacht. Ich drehte mich auf meinen Rücken, um der herannahenden Flut auszuweichen. Dann spürte ich einen festen Griff an beiden Oberarmen und wurde vom Wasser weggezogen. Jemand sprach. Alles war verschwommen. Ich brachte keinen Ton heraus. Alles schmerzte. Im Wasser lagen zwei Leichen. Eine Frau, weiß gekleidet, aber voller Blut. Eine der Schwestern...? Und da lag noch etwas... eines der Seeungeheuer...? Mir wurde erneut schwarz vor Augen.
Ich verspürte einen Kräftigen Druck auf dem Brustkorb und es wurde mir wohlig warm. Es roch stärker denn je nach Salzwasser. Als ich die Augen öffnete, beugte sich ein mir bekanntes Gesicht über mich und verarztete mich. Es war Cassandra Rieves, welche sich bis zuletzt mutig den Seeungeheuern entgegen gestellt hatte. Sie wechselte einen blutigen Verband, welchen ich um die Brust trug. Die Wunde war allerdings schon verheilt und nicht lebensbedrohlich, was ich durch meine langjährige Kriegserfahrung schnell bemerkte. Als ich mich weiter umblickte, sah ich einen großen Kessel voll kochendem Wasser über einer lodernden Flamme; über uns ein Dach aus grünlichem Gebälk, gedeckt mit Farnen und Palmwedeln. Mein Kopf schmerzte.
Cassandra sprach leise und rasch zu mir, als sie merkte, dass ich bei Bewusstsein war: „Ihr habt drei Tage geschlafen. Die Wunde wird bald verheilt sein. Wir sind noch vierundzwanzig. Mit mir drei Schwestern, dazu drei Schmiede, acht Söldner und zehn Königliche, Euch eingerechnet. Der Rest ist tot. Ertrunken oder verdaut. Wir sind hier in Sicherheit; vorerst. Der Ort heißt Refuga. Klein. Feinde des Königs, aber auch des Hohepriesters. Sie haben uns aufgenommen, da wir in unserem Zustand keine Bedrohung darstellen. Außerdem sind sie seit Tagen damit beschäftigt unsere Fracht aus dem Meer zu fischen. Ich habe bisher knapp 100 Personen gezählt; kaum Frauen. Schlaft noch ein wenig. Bald geht die Sonne auf.“ Ein einziges Wort brachte ich heraus: „Paderick...?“. Doch eine Antwort sollte ich bis heute nicht erhalten.
Teil 4 - Neue Welt, alte Feinde
Es waren ein paar Wochen vergangen. Mein treuer Kumpan Paderick, der seit fast zwanzig Jahren in meiner Einheit diente, war seit dem Angriff der Seeungeheuer verschollen. Die meisten meiner Leute waren bei jener Niederlage auf See entweder verletzt und mussten gepflegt werden, oder litten unter Panikattacken und hatten plötzlich Angst vor dem Wasser. Die drei noch lebenden Schwestern waren mit der Betreuung der Verletzten beschäftigt und verbrachten den Rest des Tages im Gebet. Auf der anderen Seite die Söldner. Ihnen ging es kaum anders als meinen Leuten, wurden auch sie stark dezimiert. Doch ihnen schien das Leben hier in diesem Dorf zu gefallen.
Refuga war bewohnt von Piraten, Banditen, Säbelrasslern, Verstoßenen, Ausgesetzten, Verbannten und anderem Gesinde. Bis auf wenige Ausnahmen waren sie alle Säufer. Alle trugen stets mindestens drei Waffen mit sich und zu jeder Zeit des Tages gab es irgendwo im Dorf eine Schlägerei. Aber das Leben hier schien allen irgendwie Spaß zu machen; und am Ende des Tages zogen sie alle an einem Strang.
Ihr Anführer hieß Diego. Ein Sohn der Wüste. Er selbst sagt, er sei der Sohn eines Edelmannes aus Caladin. Hat seine Hütte oben auf dem Berg, der das Dorf und die Bucht umgibt. Dort sitzt er auf der einzigen Trinkwasserquelle jenseits des Gebirgspasses, der ins Wüsteninnere führt. Dies macht ihn zum mächtigsten Mann und Anführer der Halunken. Das Dorf liegt zum größten Teil auf einer küstennahen Insel. Nur eine kleine Bucht trennt sie vom Festland, auf dem eine Wehrmauer steht. Bei Ebbe ist das Wasser nur etwas mehr als zwei Meter tief und man kann zum Festland herüber schwimmen. Das Klima ist tropisch. Überall gibt es Palmen und Dschungelgewächse. Die Hütten sind aus Dattelpalmholz gebaut; einige Teile aus Kokospalme, welche ziemlich spröde ist und nach und nach ersetzt wird. Der Berg wurde an einigen Stellen abgetragen und eine Mauer aus Bruchstein wurde errichtet, welches das Dorf umgibt. An den Ausläufen der Mauer besteht diese wiederum aus Palmholz. Die Dächer sind mit den Blättern der hiesigen Fauna bedeckt und müssen oft erneuert werden, gerade nach dem Sturm, der auf der Reise auch unser Schiff traf, wurde hier einiges auf den Kopf gestellt. Doch das Dorf ist auch grundsätzlich ziemlich verdreckt. Wenn man sich verinnerlicht wer hier haust, ist dies auch kein Wunder.
Die Bewohner haben allesamt einen individuellen Grund, warum sie hier gelandet sind. Diego war der Chef einer Banditenbande, welche hier ihr Versteck baute. Als dann eines Tages ein Schiff hier auf Land lief und dessen Mannschaft von Bord ging, arrangierte man sich mit dieser, da sie zahlenmäßig größer war als der Trupp Banditen. Über die Jahre, es sollen mittlerweile fast dreißig sein, kamen immer mehr Menschen hierher. Im Königreich ist über Refuga nichts bekannt. Die Piraten von der Vulkaninsel Atlanta kann man jedenfalls nicht mit den Bewohnern Refugas vergleichen. Die Menschen hier sind trotz ihrer Vergangenheit alle sehr herzlich, leben sie doch frei und unabhängig. Zudem schweißt sie ein gemeinsames Problem zusammen: Das Wüstenreich Caladin.
Die Soldaten des Hohepriesters sind es, welche regelmäßig das Gebirge im Nordosten ihres Reiches durchqueren, um Refuga anzugreifen. Der Hohepriester duldet keine Gruppen in seinem Reich, welche sich seinen Befehlen widersetzen und versuchen unabhängig zu sein. Also versucht das Wüstenreich des öfteren Refuga zu attackieren und die Bewohner zu töten oder zu vertreiben. Durchaus haben sie es dabei auch auf die angehäuften Schätze und Waren abgesehen, welche immer wieder in der Bucht stranden.
Geographisch liegt Refuga am Südzipfel des sogenannten vulkanischen Rings, welcher die Mittelsee vom großen Ozean trennt. Hier laufen einige Ströme zusammen und treiben alles mögliche an Land. So auch den Großteil unserer Fracht, welche wir bei dem Angriff der Seeungeheuer verloren glaubten. Unsere Schiffsteile verfingen sich einige Meilen weiter westlich an den Klippen, wo bereits seit Jahrhunderten gekenterte Boote stranden und dort vergammeln. Die Bewohner verbringen ihren Tag entweder mit dem Kampf gegen die Soldaten aus der Wüste oder mit dem Herausfischen von Gegenständen gestrandeter Schiffe. Ein paar wenige gehen der ehrlichen Arbeit der Fischerei nach und einer, Diego, der Anführer, sitzt einfach auf seiner Wasserquelle und spielt den wohltätigen Versorger. Einzig seine ehemaligen Banditenfreunde, welche an Diegos Reichtum beteiligt werden, sorgen dafür, dass dieser an der Macht bleibt. Aber auch er ist im Grunde ein netter Kerl.
Der Rest meiner Mannschaft beteiligt sich nun an der Verteidigung gegen das Wüstenvolk. Ob wir unsere Mission fortsetzen, entscheiden wir in den nächsten Tagen. Die Optionen sind, sich auf den Weg nach Caladin zu machen und die Mission mit halber Mannschaft, wenn überhaupt, zu vollenden; oder hier zu bleiben und bis an den Rest unserer Tage der Gefahr ausgesetzt zu sein, irgendwann vom Wüstenvolk versklavt oder getötet zu werden. Eine dritte Option arbeite ich zur Zeit insgeheim aus. Hier gibt es kein geeignetes Holz, um ein Schiff zu bauen, aber genügend halb zerstörte Wracks an den Stränden, aus denen man ein neues Schiff fertigen könnte, um nach Annabelle zu fahren und dort Verstärkung zu erbitten. Der ein oder andere sehnt sich auch nach der Heimat. Wir werden sehen, was die Zeit bringt.
Die Reise beginnt - 7020
Mittlerweile waren drei Monde vergangen, seitdem die Truppe in geheimer Mission das ausgediente Handelsschiff nahm und Richtung Wüstenreich segelte. Drei Monde, in denen man absolut nichts von der Truppe hörte. Wie war es Gerius Renald und seinen Soldaten ergangen? Wie lief die Zusammenarbeit mit den Söldnern? Was machten Cassandra Rieves und ihre Schwestern? Nichts war bekannt. Wurde der Zielhafen von Annabelle überhaupt erreicht...?
Der König verließ die Burg von Vesper und reiste in die nahegelegene Hauptstadt Faringard. Diese war in den letzten Wochen zu einer echten Festung umgebaut worden. Auch weit vor dem Krieg hatte die Feste von Faringard einen ausgezeichneten Ruf und galt als uneinnehmbar; doch wegen der immer größer werdenden Bedrohung durch die Invasoren aus dem Süden wurde die Stadtmauer verstärkt und der Pfad zum Haupttor der Stadt umgebaut. Schon von weitem erblickte man die Türme Faringards über den Baumwipfeln der umgebenden Wälder. Hier waren der König und seine Familie in Sicherheit. Von hier aus konnte er die Verteidigung des noch bestehenden Reiches planen.
Obwohl Waldbergen nun schon seit fast vier Monaten in der Hand des Wüstenreichs war, waren die Elementarmagier und ihre Feuerkrieger nicht über den Gebirgspass Richtung Faringard gekommen. Unmöglich konnten sie sich mit der Eroberung der westlichen Grafschaften zufriedengeben. Irgendwann, so waren sich die Offiziere des restlichen Königreichs sicher, würden sie auch versuchen Faringard zu stürmen. Mit jedem Tag wuchs die Angst vor der Versklavung durch das Wüstenreich.
In der Stadt Faringard selbst wurden die Zeiten ebenfalls wirr. Aus allen Winkeln des Reiches kamen Flüchtlinge in die Stadt. Das Wüstenvolk ließ einzelne Flüchtige, sofern sie keine Bedrohung darstellen konnten, Richtung Faringard passieren, um dort Schutz zu suchen. Vielleicht war dies auch eine Taktik des Kalifen. Die Vorräte der Stadt sowie die Erträge der umliegenden Ländereien auf der Halbinsel konnten kaum genügen, um die Bevölkerung sowie hunderte von Flüchtlingen zu sättigen. Irgendwann würde das komplette Chaos ausbrechen und es wäre ein Leichtes, die Stadt zu übernehmen. Möglicherweise war dies aber auch ein Hirngespinst und das Wüstenreich hatte tatsächlich weiterhin nicht vor Richtung Faringard zu marschieren. Schließlich wusste niemand so genau, warum das Kalifat plötzlich und aus dem Nichts das Königreich angriff. Vielleicht suchten sie irgendetwas oder irgendwen und würden bald wieder verschwinden, wenn sie ihr Ziel erreicht hätten.
Eines Nachts trafen viele fliehende Bewohner Vespers an Faringards Grenzposten vor der Stadt ein und suchten Schutz hinter den hohen Mauern. Die Fischer aus Vesper hatten Angst, das Wüstenreich würde mit seinen Schiffen kommen und die Stadt niederbrennen. So blieb auch der Nachschub an Fisch aus, den die Stadt so dringend zur Ernährung der Bevölkerung benötigte. Nach wenigen Wochen brach die Versorgung mit Lebensmitteln zusammen und die Stadtgarde musste die wenigen Vorräte rationieren. Es wurden nächtliche Jagden organisiert, um die Vorräte der Stadt wenigstens ein wenig aufzubessern. Hierbei galt, der Grenze zu Waldbergen nicht zu nahe zu kommen, um die feindliche Armee nicht zu provozieren.
Irgendwie musste der Alltag in der Stadt weitergehen, doch es dauerte nicht lang bis auch die Gesundheit des Volkes unter der Dauerbelastung zu leiden hatte. Ein Bewohner des Elendsviertels schlich sich durch eines der Kanalisationshäuser in die Unterstadt, auf der Suche nach medizinischer Behandlung. Der Heiler versuchte wirklich alles in seiner Macht stehende, um dem Kranken zu helfen, doch sein Zustand verschlimmerte sich zusehends. Es wurde sogar während eines gut besuchten Gottestdienstes versucht, den heiligen Salus um Hilfe zu bitten. Während der gesamten Zeremonie hielt ihm der Bischof die Hand und segnete ihn zum Abschluss. Am nächsten Tag bildeten sich blutige Blasen auf der Haut des Kranken. Seine Zunge färbte sich tiefviolett bis fast schwarz, seine Nägel lösten sich, die Haare fielen aus und er spuckte Blut. Wenige Stunden später verstarb er und allen war klar, was ihn dahingerafft hatte.
In der gesamten Stadt Faringard brach blanke Panik aus: Der schwarze Tod hatte die Hauptstadt des einst so stolzen Königreiches in ihrem Klammergriff. Man riegelte die Stadt ab, ließ niemanden hinaus. Viertel für Viertel wurde versperrt, die Bewohner fast sich selbst überlassen, da es kaum genug Heiler in der Stadt gab. Gleichzeitig kamen dennoch immer weitere Flüchtlinge an, die nun zwischen den Wehranlagen der Vorstadt in ärmlichen Zeltfetzen untergebracht werden mussten. Wer sich traute, der durfte noch das Elendsviertel betreten, aber nicht mehr dort hinaus.
Die Schwesternschaft des Merrldyn sandte einige wenige der hinterbliebenen Schwestern in eben jenes Viertel aus, um der Ursache der Pest auf den Grund zu gehen. Wegen der hygienischen und humanitären Zustände im Elendsviertel war es einerseits schwer herauszufinden, was genau die Pest ausgelöst hatte; andererseits war es eben wegen jener Mängel an Normalität kaum verwunderlich, dass die schwere Epidemie genau hier ihren Ursprung hatte. So taten die Schwestern ihr Bestes, um das Leid zu lindern und für einen halbwegs normalen Alltag im Viertel zu sorgen.
In den oberen Vierteln der Stadt wurde kontrolliert gegen die Krankheit vorgegangen. Wurde sie früh genug erkannt, konnte sie mit medizinischer und etwas göttlicher Hilfe sogar geheilt werden. Um weiteren Ausbrüchen vorzubeugen, wurden die oberen Viertel allerdings für Neuankömmlinge sowie Bewohner des Elendsviertels gesperrt, bis auch der letzte Pestkranke entweder geheilt oder aber dahingeschieden war.
Mitten in diesem Chaos kommst du als Kriegsflüchtling aus einer anderen Provinz in Faringard an. Hier ist, trotz all der Wirrungen, der letzte halbwegs sichere Ort im Königreich zu finden. Waldbergen im Westen ist besetzt. Vesper verfügt über keine fahrtauglichen Schiffe mehr. Im Osten gibt es nichts als felsige Klippen, die Bauernhöfe sind verlassen und um die Ungeheuer in den Höhlen und Grüften hat sich auch lange niemand mehr gekümmert. Deine Reise beginnt bei deiner Ankunft in Faringard. Wie ist dein Name? Was ist deine Berufung? Wie wird dein persönliches Schicksal die Geschehnisse im Königreich beeinflussen? Wir freuen uns darauf, deine Reise durch das Reich Millenia gemeinsam mit dir gestalten und erleben zu dürfen!